Die stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Hessischen Landtag, Lisa Gnadl, hat sich in der heutigen Plenardebatte für ein Wahlrecht für vollbetreute Menschen ausgesprochen.
Gnadl sagte dazu am Donnerstag in Wiesbaden: „Einem Staatsbürger das Wahlrecht abzuerkennen, ist ein schwerwiegender Eingriff in die Bürgerrechte. Das Kriterium der Vollbetreuung ist für uns kein ausreichender Grund, der die Verwehrung des Wahlrechts weiter legitimieren kann. Wir schließen uns dem UN-Ausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen an, der mehrfach das universelle Wahlrecht gefordert und gesetzliche Ausschlüsse wiederholt für nicht vereinbar mit der Behindertenrechtskonvention erklärt hat.“
Die Anhörung habe eine Vielzahl von Argumenten gebracht, warum diese Änderung sinnvoll und notwendig sei. Ein psychisch Erkrankter, der vollbetreut werde, sei durchaus zu einer rationalen Willensäußerung und Wahlentscheidung in der Lage. Auch gebe es eine Ungleichbehandlung, die aus den stark unterschiedlichen Anordnungen einer Vollbetreuung in den Bundesländern hervorgehe. In Hamburg und Bremen käme es bei weniger als 10 Fällen pro 100.000 Einwohner zur gerichtlichen Bestellung einer Vollbetreuung. In Bayern gebe es mehr als 200 Vollbetreuungen pro 100.000 Einwohner.
„Andere Landtage, wie Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein, haben den Wahlrechtsentzug für vollbetreute Menschen bereits gestrichen. Nur in Hessen scheint es wieder einmal am politischen Willen zu fehlen. Wir sollten dem Beispiel anderer Bundesländer und der EU-Staaten folgen. Auch die schwarzrote Koalition auf Bundesebene hat die Abschaffung des Ausschlusses von vollbetreuten Menschen und das Ziel eines inklusiven Wahlrechts im Koalitionsvertrag festgeschrieben. Hessen sollte hier nicht wieder den Anschluss verpassen“, forderte Lisa Gnadl.